Kein deutscher Wohnsitz bei Immobilienbesitz und Familienbesuchen – Wann liegt eine unbeschränkte Steuerpflicht vor?

Das FG Baden-Württemberg vom 12.6.2024 (7 K 1568/22) hat eine wichtige Entscheidung zur Frage der unbeschränkten Steuerpflicht bei Auslandsaufenthalt getroffen. Der Fall betrifft eine Steuerpflichtige, die trotz Immobilienbesitz und regelmäßiger Familienbesuche in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt auf einer spanischen Insel hatte.

Der Fall im Detail

Die Steuerpflichtige war Eigentümerin zweier Wohnungen in Deutschland. Eine davon wurde vermietet, die andere von ihren Eltern bewohnt. Zusätzlich besaß sie eine vollständig eingerichtete Wohnung auf einer spanischen Insel. Beruflich war sie hauptsächlich im Ausland tätig, mit Aufenthalten in Asien und auf einer südosteuropäischen Insel. Ihre Aufenthalte in Deutschland beschränkten sich auf etwa 40 Tage pro Jahr.

Das Finanzamt ging zunächst von einer unbeschränkten Steuerpflicht aus und schätzte die Besteuerungsgrundlagen, nachdem die Steuerpflichtige keine Einkommensteuererklärungen eingereicht hatte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht stellte klar: Nicht jeder Immobilienbesitz oder regelmäßige Aufenthalt begründet automatisch einen steuerlichen Wohnsitz. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände, nicht subjektive Vorstellungen. Im konkreichen Fall sprachen mehrere Faktoren gegen einen deutschen Wohnsitz:

  1. Die Aufenthalte in der elterlichen Wohnung hatten reinen Besuchscharakter
  2. Die Wohnung wurde ausschließlich von den Eltern genutzt und bewohnt
  3. Die Steuerpflichtige hatte sich bewusst für einen Lebensmittelpunkt auf der spanischen Insel entschieden

Praktische Bedeutung

Diese Entscheidung bietet wichtige Orientierung für international mobile Personen. Ein Wohnsitz im steuerlichen Sinne erfordert mehr als nur Eigentum an einer Immobilie oder gelegentliche Besuche. Erforderlich ist eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte oder Verwaltungstätigkeiten hinausgeht.

Im Ergebnis war die Steuerpflichtige nur mit ihren deutschen Vermietungseinkünften in Deutschland steuerpflichtig. Für international tätige Personen unterstreicht dies die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation der tatsächlichen Wohnsitzverhältnisse und Aufenthaltszeiten.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass für die Bestimmung des steuerlichen Wohnsitzes die tatsächliche Lebensführung entscheidend ist. Weder Immobilienbesitz noch familiäre Bindungen allein begründen automatisch eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland. Dies bietet Rechtssicherheit für die zunehmende Zahl von Personen mit internationaler Mobilität.