Gestaltungsmissbrauch und verdeckte Gewinnausschüttung: BFH konkretisiert Grundsätze

Wann ergibt sich im Zusammenhang mit Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)? Und wann liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor? Der BFH hat dies für Fälle der Abtretung von Gesellschafterforderungen, des Rangrücktritts und bei Darlehensrückzahlungen näher geklärt. Die Richter konkretisieren damit die nach der Rechtsprechung geltenden Grundsätze.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob die Abtretung einer Forderung des Gesellschafters gegen seine Kapitalgesellschaft wie ein Forderungsverzicht zu behandeln ist und ob darin eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu sehen sein kann.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger war zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Von einem Gesellschafter hatte der Kläger seinen Geschäftsanteil zum Kaufpreis von 1 € erworben. Gleichzeitig war eine Neufassung des Gesellschaftsvertrags sowie die Bestellung des Klägers zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH erfolgt.

Die GmbH hatte ihren aktiven Geschäftsbetrieb bereits vor der Anteilsübertragung eingestellt und ihr gesamtes Anlage- und Umlaufvermögen veräußert. Es bestanden lediglich noch Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Gesellschafter und dessen Vater. Diese hatten zur Vermeidung einer Insolvenzantragspflicht ebenfalls vor der Anteilsübertragung den Rangrücktritt erklärt.

Die GmbH wies einen Bilanzverlust von knapp 1 Mio. € aus. Anschließend erwarb die Ehefrau des Klägers die Forderungen für rund 7 % des Nennwerts und erklärte ebenfalls den Rangrücktritt.

Zudem brachte der Kläger sein Einzelunternehmen in die GmbH ein und machte in den Folgejahren Gewinne, die er mit den Verlustvorträgen der GmbH verrechnen wollte, um so keine Steuern zahlen zu müssen. Gleichzeitig begann die GmbH mit der Tilgung der Verbindlichkeiten der Ehefrau.

Das Finanzamt sah diejenigen Tilgungsbeträge, die über den Kaufpreis hinausgingen, als vGA an. Die Klage dagegen war erfolgreich, allerdings sah der BFH dies teilweise anders.

Forderungserwerb kein Gestaltungsmissbrauch und damit auch keine vGA

Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Dies ist jeweils einzelfallbezogen zu untersuchen.

Das Ziel des Forderungserwerbs ist darin zu sehen, dass die GmbH von einer im Fall ihrer angestrebten Gesundung drohenden Inanspruchnahme durch die ehemaligen Gesellschafter entlastet werden sollte.

Zudem lag ein weiterer wirtschaftlicher Grund in der in Anbetracht der erwarteten Einbringung des Einzelunternehmens des Klägers in die GmbH realistischen Hoffnung der Ehefrau des Klägers, eine über dem Kaufpreis von 40.000 € liegende Darlehensrückzahlung zu erhalten. Dieses anzuerkennende wirtschaftliche Ziel hätte die Ehefrau durch einen Forderungsverzicht nicht erreichen können.

Im Gegenzug hatten die Altgesellschafter das wirtschaftliche Interesse, die zum Veräußerungszeitpunkt weitgehend wertlosen Forderungen durch den Verkauf an die Klägerin bestmöglich zu verwerten. Diese wirtschaftlichen Gründe widersprechen nach Ansicht des BFH einer Einstufung als Gestaltungsmissbrauch.

vGA wegen möglicher Rückzahlung der Darlehen vor dem Besserungsfall

Allerdings ist nach Auffassung des BFH eine vGA anzunehmen, wenn die GmbH mit der Rückzahlung der Forderungen begonnen hätte, bevor der vereinbarte Besserungsfall eingetreten war. Dies konnte der BFH jedoch auf der Grundlage der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht entscheiden, so dass er die Sache an das FG zurückverwies.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH konkretisiert seine bisherigen Grundsätze weiter, die er im Verhältnis von Forderungserwerb, Rangrücktritt und Darlehensrückzahlungen bezüglich Gestaltungsmissbrauch und vGA aufgestellt hat. Insoweit ist die Entscheidung keine Überraschung.

Allerdings ist zu begrüßen, dass der BFH eindeutig festgestellt hat, dass eine möglichst wirtschaftliche Verwertung einer nahezu wertlosen Forderung ebenso wie ein möglichst hoher Zinsgewinn einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Grund aus Sicht der Gesellschafter darstellt. Dies führt zu Rechtssicherheit.

BFH, Urt. v. 11.12.2018 – VIII R 21/15